Rudern vor der Kulisse einer traurigen Geschichte
Die Hafenanlagen im Hamburger Osten zählen zu unserem geliebten Ruderrevier und wenn wir uns auch weitestgehend auf den Unterlauf der Bille beschränken, ist es von hier nicht weit zu dem Saalehafen auf der anderen Seite der Elbe. Unser Revier hat eine äußerst bewegte Geschichte. In der Topografie des Terrors sind zwei Orte besonders hervorzuheben: Die Gedenkstätte für die „Kinder vom Bullenhuser Damm“ und weiterer, hier ermordeter KZ-Häftlinge gleich nebenan und das „Lagerhaus G“ am Dessauer Ufer. Letzteres war das größte Außenlager des KZ-Neuengamme; 1944 waren hier bis zu 1.500 Frauen inhaftiert, um insbesondere im Hamburger Hafen Zwangsarbeit zu leisten.

80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz geht es darum, das Gedenken an das NS-Grauen nicht verstummen zu lassen. Der Filmemacher Markus Fiedler, Mitglied der RV Bille, hat in jahrelanger Arbeit einen Film über die Geschichte und die Nutzung des denkmalgeschützten Lagerhaus G gemacht. Dafür hat er Überlebende des NS-Terrors getroffen, die früheren und derzeitigen Nutzer und Wissenschaftler wie Jan Philipp Reemtsma. Seinen Film hat er jetzt erstmals in den Räumen der RV Bille gezeigt.
„Mich hat die Resonanz auf den Film an dem Abend sehr gefreut. Denn wie Stadtentwicklung und Erinnerungsarbeit immer wieder aufs Neue miteinander verbunden und zugleich im Widerstreit stehen, kann man nicht nur am Dessauer Ufer, sondern auch am Bullenhuser Damm beobachten. Und ich finde es wichtig, sich mit der Geschichte des eigenen Umfelds zu befassen – auch als Sportverein“, so Markus Fiedler.

Auch wir waren freudig überrascht von dem großen Anklang, den unsere Veranstaltung fand. Neben Freund:innen und Mitgliedern kamen auch einige Ruder:innen aus anderen Hamburger Vereinen. Das gibt Mut, gerade angesichts stärker werdender rechtsextremer Parteien. Und wenn wir das nächste Mal am Dessauer Ufer vorbeirudern, werden wir sicher an die vielen Menschen denken, die hier unter so elenden Umständen arbeiteten, lebten und starben. Denn man sollte nicht vergessen, dass sie ihre Sklavenarbeit auch für die Hansestadt und ihre Unternehmen verrichteten – vor den Augen unserer Eltern und Großeltern.
Von Dominik Neubauer